Interview mit unserem Bürgermeister Christian Holzemer zur Bürgermeisterwahl 2022

02. November 2022

Mit großen Schritten geht es Richtung Bürgermeisterwahl am 20.11.2022. Im Vorfeld haben wir mit unserem amtierenden Bürgermeister und erneuten Kandidaten Christian Holzemer ein kleines Interview geführt - ein Rückblick und Ausblick, hier nachzulesen:

2022-10 BGM

Frage: Wie sieht ein typischer Arbeitstag als Bürgermeister aus?

Christian Holzemer: Den typischen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht. Montagvormittags findet eine Amtsleiterbesprechung statt, bei der wir anhand einer Maßnahmenliste anstehende Aufgaben besprechen und wichtige Themen für die bevorstehende Woche oder Gremiensitzungen durchgehen.
Da mein Tagesablauf sehr stark von Terminanfragen abhängig ist, haben wir feste Zeitfenster geblockt, in denen ich für meine Mitarbeiter für Kurzabstimmungen oder dringliche Unterschriften greifbar bin. Routinemäßige Tätigkeiten, wie das Sichten der Tagespost, versuche ich auch in diesen Zeitfenstern abzuarbeiten. Leider gibt es immer wieder Phasen, in denen ich fast durchgehend in Terminen gebunden bin. Da ist der Bürgermeister gelegentlich tatsächlich schwierig greifbar. Daher war mir eine feste Bürgermeistersprechstunde wichtig, um eine verlässliche Ansprechzeit für die Bürger zu bieten.

Eines habe ich schon nach wenigen Tagen im Amt gelernt: Es kommt oft anders, als geplant. Bei fast jeder Baustelle gibt es „Überraschungen“, es ändern sich ständig rechtliche Vorgaben oder Bürger kommen mit den unterschiedlichsten Problemen und Anregungen auf die Verwaltung zu. Ganz wichtig ist es dann, ruhig zu bleiben, die Dimension der notwendigen (Zusatz-) Arbeit richtig abschätzen und entsprechend priorisieren.

Frage: Hast Du Dir die Aufgaben und Arbeit so vorgestellt, wie sie gekommen sind?

CH: Ich wusste durch die intensive Bürgermeistervertretung in den Jahren 2014 – 2016 schon relativ gut, was auf mich zukommt. Im Vorfeld der Bürgermeisterwahl 2017 haben wir uns sehr eingehend mit den anstehenden Herausforderungen beschäftigt und ein ausführliches Programm erarbeitet. Von daher war mir die Vielzahl der Themen bewusst.

Was jedoch niemand auf dem Schirm hatte, das sind die großen Krisen, die inzwischen alles überschatten - eine weltweite Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Dadurch entstehen Aufgabenstellungen, für die es einfach keine Blaupause gibt. Dem muss man sich Tag für Tag stellen und neue Lösungen finden.

Frage: Was war besonders fordernd?

CH: Thematisch natürlich die Pandemie und die aktuelle Energiekrise. Die berühmt-berüchtigte deutsche Bürokratie ist allerdings auch sehr fordernd. Für meinen Geschmack kommt man als Bürgermeister viel zu häufig in die Situation erklären zu müssen, weshalb etwas nicht geht. Dabei macht man diesen Job ja, um etwas zu bewegen.

Es gibt aber noch einen ganz anderen Aspekt, der fordernd und auch belastend sein kann. Wenn man das Amt mit vollem Engagement ausfüllt, kommt automatisch die Familie zu kurz. Ohne die beiden großen Krisen, wäre die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vielleicht etwas einfacher. Die Kinder lassen es einen spüren, wenn sie den Vater zu wenig sehen. Das nagt dann schon manchmal. Man muss den Ort ab und an verlassen, damit man wirklich ungestörte Familienzeit bekommt. Sich dafür Freiräume zu schaffen, ist etwas zu kurz gekommen – ist aber wichtig!

Frage: Was magst Du besonders an dem Amt?

CH: Auf der einen Seite ist die Flut an unterschiedlichsten Themen herausfordernd, aber genau das macht die Arbeit auch wieder sehr spannend. Man lernt zudem viele interessante Menschen kennen – und Menschen, die man schon kennt, viel intensiver oder ganz neu kennen. Gemeinsam nach Lösungen zu suchen und daran zu arbeiten, das macht mir Freude. Mich mit anderen Menschen austauschen, dadurch ständig neue Dinge zu lernen, das ist etwas Besonderes und nicht in jedem Beruf möglich. Natürlich kann das aufreiben, aber es ist auch unheimlich spannend.

Frage: Was motiviert Dich für die Arbeit als Bürgermeister?

CH: Mich motiviert eigentlich jedes Problem, das ich irgendwo entdecke. Ich will dann eine Lösung finden. Ich kann einfach nicht wegschauen und die Augen verschließen, wenn etwas zu tun ist. Mir ist schon bewusst, dass ich nicht alles regeln kann, dass mein Amt mir Grenzen setzt. Dennoch will ich immer eine Lösung finden. Ich bleibe da hartnäckig dran – auch wenn es lange dauert.

Aber natürlich braucht man zur Motivation zwischendurch Erfolge. Wenn Kinder einen neuen Kindergarten in Besitz nehmen, wenn Badegäste trotz Pandemie ihre Bahnen ziehen können, wenn trotz Trockenheit Wasser aus dem Hahn fließt, dann weiß ich, dass sich die Mühe gelohnt hat.

Natürlich gibt es häufiger kritische Anfragen, persönliche Kritik oder auch Vorwürfe. Das ist ja auch manchmal berechtigt. Niemand ist unfehlbar. Ich natürlich auch nicht. Auch ich muss lernen oder Entscheidungen überdenken. Dann gibt es aber auch immer wieder Situationen, in denen Menschen ihre Dankbarkeit ausdrücken, weil man ein Problem lösen könnte. Das wiegt vieles wieder auf.

Frage: Was würdest Du Dir von der Landes-/Bundesregierung wünschen?

CH: Ich würde mir wünschen, dass es für übertragene Aufgaben auch umfassende Unterstützung gibt. Leider werden Kosten oft nur anteilig übernommen und notwendige Strukturen nicht geschaffen. Vor allem kleine Kommunen – hierzu zählt der Markt Frammersbach – sind mit den rechtlichen und bürokratischen Rahmenbedingungen überfordert.

Bei vielen Projekten macht es Sinn, dass sich die kommunale Ebene kümmert, da sie einfach näher an den Bürgern dran ist. Aber wir müssen personell und finanziell auch in der Lage sein, die Dinge umzusetzen. Deswegen wäre mir eine bessere Grundausstattung der kommunalen Haushalte wichtig, um bei Bedarf eigene Strukturen aufbauen zu können.

Noch wichtiger wäre es jedoch, Genehmigungsverfahren zu entschlacken. Da traut man sich in Bund und Land nicht so richtig ran, weil es ein erhebliches Konfliktpotential birgt, denn irgendwo müssten Abstriche gemacht werden. Wenn wir allerdings bei Klimaschutz, Pflege, Kinderbetreuung, Glasfaserausbau, Digitalisierung oder Mobilität die hehren Ziele erreichen und die notwendige Geschwindigkeit erreichen wollen, muss der Mut zu Bürokratieabbau aufgebracht werden.

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